Die wiederholte, plötzlich auftretende Mandelentzündung gehört zu den häufigsten Erkrankungen der Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, die häufig mit starken Halsschmerzen, Schluckbeschwerden, Fieber, Einschränkung der Lebensqualität und Krankschreibung verbunden ist.
Zur Operation der Gaumenmandeln werden derzeit zwei operative Verfahren standardmäßig durchgeführt. Zum einen handelt es sich um eine teilweise Entfernung der Gaumenmandeln (Tonsillotomie), zum anderen um eine vollständige Entfernung der Gaumenmandeln (Tonsillektomie). Die teilweise Entfernung wird vor allem bei kleinen Kindern mit Atemproblemen vorgenommen. Die vollständige Entfernung der Gaumenmandeln ist dagegen bislang Standard zur Behandlung der wiederholten, akuten Mandelentzündung (rezidivierende akute Tonsillitis, RAT).
Bislang konnte noch nicht geklärt werden, ob bei Patientinnen und Patienten mit immer wiederkehrenden, akuten Mandelentzündungen, bei der der behandelnde Arzt einen chirurgischen Eingriff empfehlen würde, eine Tonsillotomie im Vergleich zur Tonsillektomie mindestens gleichwertig ist. Die Statistiker sprechen dann von Nichtunterlegenheit, daher handelt es sich um eine sogenannte Nichtunterlegenheitsstudie. Mit der Durchführung dieser Studie soll diese Fragestellung geklärt werden.
Während eine Tonsillektomie eine komplette Entfernung der Gaumenmandeln beschreibt, wird unter einer Tonsillotomie eine Teilentfernung der Gaumenmandel verstanden. Nach der Tonsillotomie verbleibt somit noch Mandelgewebe im Rachenraum. Die Komplikationen nach Tonsillektomie und Tonsillotomie sind ähnlich wie Schmerzen im Wundbereich mit Schluckbeschwerden und Nachblutung. Sowohl postoperative Schmerzen als auch Nachblutungsrisiko sind bei einer Tonsillotomie geringer als bei einer Tonsillektomie.
Im Rahmen dieser Studie wird die Tonsillotomie mit der Tonsillektomie verglichen, um Wirkungen und Nebenwirkungen der Verfahren besser beurteilen zu können. Beide Verfahren sind für die Therapie bei wiederkehrenden akuten Mandelentzündungen etabliert und zugelassen. Deshalb werden alle Patienten, die an der Studie teilnehmen, in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine Gruppe erhält eine Tonsillotomie, die andere Gruppe eine Tonsillektomie.
Zu welcher Gruppe Studienteilnehmer gehören, wird nach Zufall entschieden, vergleichbar mit dem Werfen einer Münze. Die Statistiker sprechen dann von einer Randomisierung. Auf der einen Seite der Münze steht dann sozusagen Tonsillotomie und auf der anderen Seite Tonsillektomie. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Tonsillotomie vorgenommen wird, beträgt 50%. Und die Wahrscheinlichkeit, dass einer Tonsillektomie vorgenommen wird, beträgt ebenso 50%.
Bei einer Randomisierung erhalten Studienteilnehmer zufällig eine bestimmte Therapie, in diesem Fall Tonsillektomie oder Tonsillotomie. Möchte man zwei verschiedene medizinische Behandlungen, im vorliegenden Fall zwei verschiedene Operationen vergleichen, kann man mit einer randomisierten Studie die höchste wissenschaftliche Aussagekraft erreichen. Wir möchten am Ende der Studie sicher wissen, ob eine Tonsillotomie einer Tonsillektomie nicht unterlegen ist. Das können wir am sichersten mit einer randomisierten Studie erreichen. Daher hat der Auftraggeber der Studie, der G-BA, auch vorgegeben, dass eine randomisierte Studie erfolgen soll.
Durch die Randomisierung kann eine systematische Verzerrung von Ergebnissen am besten verhindert werden, da durch die Randomisierung bekannte und unbekannte personengebundene Störgrößen gleichmäßig auf die beiden Gruppen verteilt werden. Dieses Vorgehen ist für eine hohe Aussagekraft der Ergebnisse notwendig.
Video in neuem Fenster ansehen
Mögliche Studienteilnehmer werden zuerst nach der Vorgeschichte der Krankheit gefragt und umfassend ärztlich untersucht. Die Studienteilnahme hängt von den Ergebnissen dieser Voruntersuchung ab.
Nach Zustimmung zur Studienteilnahme und durchgeführten Eingangsuntersuchungen erfolgt die zufällige (randomisierte) Zuteilung in eine der beiden Gruppen (Behandlungsarme). Bei der Operation werden die Gaumenmandeln teilweise oder vollständig entfernt. Über einen Zeitraum von 24 Monaten werden den Studienteilnehmern wöchentlich Fragen gestellt, die die Häufigkeit und Schwere Ihrer Halsschmerzen betreffen und Fragen zur Lebensqualität beinhalten. Die Fragen können mithilfe einer App, eines Tagebuchs oder über eine Website beantwortet werden. Zusätzlich werden die Studienteilnehmer in regelmäßigen Abständen (und zwar alle sechs Monate über einen Zeitraum von zwei Jahren) telefonisch kontaktiert, um Fragen zum Wohlbefinden zu stellen. Bei eventuellen Rückfragen möchte das Studienzentrum (Prüfzentrum) die Teilnehmer auch gerne zwischendurch kontaktieren dürfen.